Katalog der Achatbörse Niederwörrisbach 2014 "Achate aus Argentinien" |
Das Fundgebiet Entre Rios Dass mich Peter Jeckel eines schönen Tages bitten würde, einen Artikel für den Katalog der Achatbörse zu schreiben, ahnte ich natürlich nicht, als ich ihn auf der Freiberger Mineralienbörse 2010 nach den argentinischen Fundstellen fragte, die am dichtesten bei Buenos Aires liegen. In meiner sächsischen Heimat sammele ich bevorzugt Kiesgrubenachate und ich hatte gelesen, dass es in Argentinien auch Kiesgrubenachate in der Provinz Entre Rios gibt. Peter Jeckel bestätigte mir das, aber den Fundort selbst kannte er nicht und konnte mir leider auch sonst keine weiteren Angaben machen. Aber immerhin - er redete aufgeschlossen mit mir und "mauerte" nicht, wie man das so oft von Sammlern kennt, die "ihren" Claim abgesteckt haben und möglichst jeden anderen Sammler davon fern halten wollen. Davon bekam ich noch ein schönes Beispiel, als ich, in Buenos Aires angekommen, einen bekannten argentinischen Sammler kontaktierte und dieser mich nach Santa Elena am Rio Parana schickte. Obwohl meine anderen Informationen eher Rio Uruguay lauteten, vertraute ich ihm und fuhr per Bus die knappen dreihundert Kilometer nach Norden. Santa Elena ist ein kleiner hübscher Ferienort für die argentinische Mittelschicht inmitten der Pampas. Achate gab es reichlich zu sehen, aber sie waren alle zu Dekorationszwecken in Beton eingelassen. Der gesamte Markt, der in Argentinien üblicherweise Plaza San Martin heißt, war mit diesen Betonplatten gepflastert und auch an den Blumenkübeln hatte man nicht gespart. Einigen Achaten sah man ihre hervorragende Qualität schon von außen an, aber sie aus dem Beton zu holen hätte viel Arbeit bedeutet und sicher einiges Aufsehen und Ärger verursacht. Leider waren dass die einzigen Fundmöglichkeiten hier. Von einer Baufirma bekam ich den Tip, wo sie die Achate kauften: am Rio Uruguay, in der Nähe von Concordia, wiederum etwa 200 km Luftlinie. Nach argentinischen Verhältnissen also gleich um die Ecke. Dass ich die Reise nach Santa Elena umsonst gemacht habe, kann ich nicht sagen: Der Rio Parana als einer der größeren Flüsse dieser Erde ist schon ein beeindruckender Anblick. Also am nächsten Tag ein Taxi gechartert (damals waren die Preise noch erträglich) und ab Richtung Rio Uruguay in die Kiesgrube. Der Chauffeur sprach nur Spanisch, ich nur Englisch, aber er konnte wie viele Argentinier hervorragend singen und ich konnte es würdigen, so dass wir uns blendend verstanden und die Fahrt trotz der eintönigen Landschaft nicht wirklich langweilig wurde. Auch sonst war er sehr aufgeschlossen, er beobachtete mich in der Kiesgrube höchstens eine halbe Stunde, dann begann er sich in unregelmäßigen Abständen nach Steinen zu bücken … Ja, die Kiesgrube … wer wie ich in einer sächsischen Kiesgrube sammelt, in der der Achatanteil am Geröll sich im Milliprozentbereich bewegt, ist erst einmal fassungslos. Etwas Anderes als Achat ist praktisch nicht zu finden, wenn man von geringen Anteilen Jaspis und Fossilien absieht. Tatsächlich sind viele Achate zeichnungslos durchsichtig braun oder so zerbrochen und abgerollt, dass sie für die Achatsammler uninteressant sind. Aber es ist ein tolles Gefühl, wenn man Achate liegen sieht, soweit das Auge reicht! Und es gibt sehr viel sammlungswürdiges Material dazwischen. Die Achate von den sekundären Fundstellen im Schwemmland Entre Rios (Zwischen den Flüssen) stammen vermutlich zum großen Teil aus den Lavadecken der brasilianischen Provinz Rio Grande de Sul. Die Achate, die den etwa tausend Kilometer langen Transport überstanden haben, sind in der Regel die Härtesten der Harten, was man beim Sägen sehr schnell am Blatt sehen kann. Die Farben braun, gelb, blau und weiß in allen Schattierungen herrschen vor. Man könnte sie, wenn man von der abgerollten Außenhaut absieht, oft ohne weiteres mit dem bekannten brasilianischen Material verwechseln. Intensives Rot oder Grün ist sehr selten. Es gibt sehr viele Stücke mit Uruguaybänderung, Wolkenachat, Festungsachat, Röhrenachat und alle möglichen Kombinationen davon. Die Stücke, die auf der Außenseite größere nierige oder blasige Formen aufweisen enthalten in der Regel dendritisch aussehende Bildungen. Sehr selten kommen mit Amethyst oder Rauchquarz gefüllte Achatdrusen vor, da diese den Transport im Fluss schlechter überstehen als Achatmandeln. Fast alle Achate verändern nach dem Trocknen und unter Sonnenlicht ihre Farbe, manchmal werden nach dem Sägen fast farblose Stücke noch intensiv farbig. Selbst der sogenannte Wegeler-Effekt wird bei manchen Stücken erst sichtbar, wenn sie einige Zeit in der Sonne gelegen haben. Abgerollte gebänderte Achate wirken mitunter außen wie lackiert, da sie im Fluss von feinsten Sandpartikeln geschliffen wurden. Sie werden von amerikanischen Sammlern auch ungeschnitten gesammelt. Die große Entdeckung aber war für mich der Jaspis. Der sogenannte Popcornjaspis ist schon von außen schön gepunktet. Über dessen Genese habe ich in Argentinien die abenteuerlichsten Theorien gehört. Verschiedenfarbig gebänderten Jaspis, graublau, gelb, orange, rot, grün, schwarz, rosa, violett, es gibt eigentlich nichts, was es nicht gibt. Mittlerweile habe ich auch Stücke gesehen, die beide Varietäten enthalten. Sowohl der gebänderte als auch der gestreifte Jaspis entwickeln beim Sägen einen charakteristischen Geruch nach Schwefelwasserstoff. Die Stücke, die ich bei Peter Jeckel in Worms gesehen habe und auch das, welches im Katalog der 10. Internationalen Achatbörse auf Seite 57 unter der Herkunftsbezeichnung Rio Negro abgebildet ist, würde ich ohne weiteres der Provinz Entre Rios zuordnen. Es wäre sehr interessant, die Provenienz dieser Stücke zu erkunden. Möglicherweise ist mit Rio Negro der größte Nebenfluss des Rio Uruguay gemeint, aber gleichartige Stücke findet man auch oberhalb der Mündung des Rio Negro in den Rio Uruguay, z.B. bei Concordia. Außer Achat und Jaspis kann man versteinertes Holz und Septarien finden, die von argentinischen Sammlern in Koprolithen und versteinerte Früchte aufgeteilt werden. Die sogenannten Koprolithen sind unabhängig von der Größe verdreht s-förmig, die sogenannten Früchte rund oder eiförmig, oft auf der Außenseite skulpturiert. Sie enthalten im Innern blauen Chalcedon oder Achat, mitunter auch farbig und spektakuläre Stücke haben mehr als 15 Zentimeter Durchmesser. Eine weitere Besonderheit des Fundortes sind mit Wasser gefüllte Achate, die beim Bewegen ein gluckerndes Geräusch von sich geben. Seit meiner ersten Exkursion habe ich die Fundstellen am Rio Uruguay, die sich über eine Fläche von hunderten Quadratkilometern verteilen, mehrfach besucht. Sicher, mit der Farbigkeit der südlicher gelegenen Fundstellen Argentiniens können die allermeisten Entre-Rios-Achate nicht mithalten. Und trotzdem ist es ein hervorragendes Fundgebiet. Es gibt etliche Stücke in meiner Sammlung, die ich nicht mehr missen möchte, wie z.B. dass Hexenhaus, ein pastellfarbiger Uruguay-Achat, den ich 2013 fand. Oder den aus mehreren schneckenartigen Bildungen aufgebauten hohlen Achat, den man auch gut als Fingerhut nutzen könnte, wenn man mit Achaten nichts am Hut hat. Apropos Hut - zum Sammeln in Entre Rios neben einigen Flaschen Wasser sicher das wichtigste Utensil, denn die Temperaturen in der Kiesgrube können im Sommer astronomische Werte erreichen! |